Tiefere Hürden für qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten
Hoch qualifiziert und dringend gebraucht: Der Ständerat berät am 5. Juni über die Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes.
Am 5. Juni berät der Ständerat über eine Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG), die Drittstaatsangehörigen mit einem schweizerischen Tertiärabschluss den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, wo Fachkräftemangel herrscht (Geschäft 22.067). Es ist an der kleinen Kammer, mit dem Eintreten auf das Geschäft die Herbeiführung einer tragfähigen Lösung zu ermöglichen, die einer zukunftsorientierten und leistungsstarken Wirtschaft entspricht.
Hochqualifizierte Personen erst ausbilden und dann wegschicken, auch wenn sie genau das bieten, was die einheimische Wirtschaft braucht? Das ergibt keinen Sinn, waren sich Nationalrat und Ständerat einig, als sie die Motion 17.3067 «Wenn die Schweiz teure Spezialisten ausbildet, sollen sie auch hier arbeiten können» von Nationalrat Marcel Dobler mit grossen Mehrheiten annahmen.
Der in der Folge vom Bundesrat vorgelegte Entwurf für eine Gesetzesanpassung nahm das Anliegen auf, richtete den Blick jedoch ausschliesslich auf Hochschulabschlüsse. Damit liess er einen bedeutenden Teil der Tertiärstufe des schweizerischen Bildungssystems ausser Acht: Spezialistinnen und Spezialisten, gerade solche, die von KMU in Branchen mit Fachkräftemangel gebraucht werden, kommen nicht nur von den Hochschulen (Tertiär A), sondern auch aus der höheren Berufsbildung (Tertiär B). Dass beide Wege eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung verdienen, steht in der Bundesverfassung. Ebenfalls für Peter Berger, Präsident der Schweizerischen Konferenz der Höheren Fachschulen, ist die Gleichwertigkeit der Ausbildung selbstverständlich. «Die Wirtschaft ist im hohen Masse auf Fachkräfte mit einem Tertiärabschluss angewiesen. Dabei umfasst dies selbstverständlich nicht nur Hochschulabsolvierende, sondern auch Absolvierende der Höheren Berufsbildung, mit ihren arbeitsmarktorientierten Fach- und Führungskompetenzen.» Der Nationalrat schloss diese Lücke, in dem er in der Frühlingssession die Verwendung des Begriffes «Tertiärabschluss» guthiess, der auch die höhere Berufsbildung einschliesst.
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates hat der Vorlage des Nationalrates ihre klare Unterstützung ausgesprochen. Diese Entscheidung freute auch Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse: «Diese Talente aus aller Welt, die ihre Kompetenzen in der Schweiz erlangt haben, sind ein wichtiges Rezept gegen den Fachkräftemangel». Die federführende Staatspolitische Kommission des Ständerates empfiehlt im Gegensatz dazu das Nichteintreten auf das Geschäft. Es ist nun am Ständerat, darüber zu entscheiden, ob die Lösungsfindung weitergehen kann. Dafür ist zwingend erforderlich, dass er auf das Geschäft eintritt.
Talent «Made in Switzerland» voll ausschöpfen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen
Für die vom Fachkräftemangel stark betroffene Beherbergungsbranche verspricht der erleichterte Zugang zum Arbeitsmarkt für Drittstaatsangehörige mit Schweizer Tertiärabschluss eine zahlenmässig begrenzte, aber doch bedeutsame Entlastung. Die Schwierigkeit, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden, stellt eine der grössten Sorgen der Branche dar. Gerade für KMU ist die höhere Berufsbildung ein unverzichtbarer Zubringer von Fachspezialistinnen, Fachspezialisten und Kaderpersonen, die solide theoretische Grundlagen mit umfangreicher Praxiserfahrung verbinden. Die nach strengen Vorgaben von Bund und Arbeitswelt ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen haben bewiesen, dass sie einheimische Ansprüche erfüllen und sich genau da einsetzen lassen, wo sie die Wirtschaft dringend braucht. Diese Meinung unterstützt auch Urs Masshardt: «Wer einen Abschluss der schweizerischen Höheren Berufsbildung gemacht hat, passt perfekt zum einheimischen Arbeitsmarkt», sagt der Geschäftsleiter Hotel & Gastro Union.
Wie das Parlament bei der Annahme der Motion Dobler anerkannt hat, reichen die bestehenden Regelungen nicht aus, um Absolventinnen und Absolventen verlässliche Perspektiven zu bieten, um nachweisliche Lücken im Arbeitsmarkt zu schliessen. Dies umso mehr, wenn ihr Abschluss aus der höheren Berufsbildung stammt.
Die Integration von Drittstaatsangehörigen mit schweizerischem Abschluss stellt daher ein wirksames Mittel dar, die einheimischen Betriebe gezielt mit hochqualifizierten und -integrierten Fachkräften zu versorgen. Es ist nun am Ständerat, mit dem Eintreten auf das Geschäft zu ermöglichen, dass aus dem Parlament eine geeignete Lösung hervorgeht.
Weiterführende Links und Beilagen
- Geschäft 22.067: Ausländer- und Integrationsgesetz. Zulassungserleichterung für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss
- Motion 17.3067 «Wenn die Schweiz teure Spezialisten ausbildet, sollen sie auch hier arbeiten können»