Fachkräftemangel im Gastgewerbe akuter als angenommen
Der Fachkräftemangel im Gastgewerbe ist laut einer Studie akuter als es bestehende Indizes vermuten lassen, weshalb HotellerieSuisse pragmatische Lösungen von der Politik fordert.
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Für den Fachkräftemangel im Gastgewerbe fehlt zurzeit eine adäquate statistische Grundlage. Dies zeigt eine neue Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS auf. HotellerieSuisse fordert nun eine realitätsnähere Erfassung des Fachkräftemangels. Daneben setzt sich der Verband für pragmatische Lösungsansätze ein und unterstützt eine neu eingereichte Motion von Nationalrat Mustafa Atici. Diese fordert, dass Fachkräfte aus Drittstaaten mit einem Schweizer Abschluss der höheren Berufsbildung einfach und unbürokratisch hierzulande arbeiten dürfen.
Während sich das Fachkräfteproblem im Gastgewerbe aktuell zuspitzt, wird es von bestehenden Indizes zur Erhebung des Fachkräftemangels aus diversen Gründen mangelhaft abgebildet. «Die statistische Grundlage wird der Branche aktuell nicht gerecht. Es braucht deshalb neue Lösungen, um das Problem faktisch besser aufzeigen zu können», sagt Andreas Züllig, Präsident von HotellerieSuisse.
Schwächen bestehender Indizes
Eine neue Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS AG betrachtet die bestehenden Indizes kritisch und zeigt deren Schwächen auf. Laut der Studie unterschätzen aktuell verwendete Indizes das Ausmass des Fachkräftemangels für das Gastgewerbe deutlich. Hauptursache für die Verzerrung ist, dass die aufgeführten Indizes die Zahl der Arbeitslosen in der Branche verwenden, welche nur bedingt aussagekräftig ist.
Tiefe Vermittlungsquote im Gastgewerbe
Die hohe ausgewiesene Arbeitslosigkeit im Gastgewerbe beruht eher auf einem Mismatch zwischen den angebotenen und nachgefragten Fähigkeiten als auf einer hohen Zahl an verfügbaren Fachkräften, wie sie bestehende Indizes fälschlicherweise ausweisen. Von den Dossiers, die im letzten Jahr im Rahmen der Stellenmeldepflicht an die Betriebe gingen, führten nur 4.6 Prozent zu einer Anstellung. Dass vor allem ausgebildete Fachkräfte fehlen, zeigt sich auch an den ausgeschriebenen Stellen. Von den 66'005 im letzten Jahr neu zu besetzenden Positionen entfielen nur 9'800 auf Hilfskräfte.
Verzerrung ist branchenspezifisch
Die Studie zeigt weiter, dass die aktuelle Erfassungsmethode zu Verzerrungen zwischen den Branchen führt. HotellerieSuisse fordert deshalb eine realitätsnahere Erfassung, die allen Branchen gerecht wird, da der Bund daraus arbeitsmarktlichen Massnahmen ableitet und den Betrieben Verpflichtungen auferlegt (Stellenmeldepflicht). So unterstützt der Verband auch das Postulat Regazzi (22.3613) «Fachkräftemangel so erfassen, wie er in KMU tatsächlich besteht». Darin wird gefordert, dass SECO und Bundesamt für Statistik in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft eine realitätsnahe Berechnungsweise des Fachkräftemangels erarbeiten. Der Verband erwartet, dass ein solcher Bericht die tatsächliche Lage von Schweizer KMU-Branchen im Arbeitsmarkt abbildet.
Potential ausländischer Absolventinnen und Absolventen nutzen
Ein möglicher Ansatz, dem akuten Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist der Rückgriff auf qualifizierte, ausländische Arbeitskräfte. Ausländische Absolvent:innen der höheren Berufsbildung eignen sich dafür besonders gut. Sie sind wertvolle Arbeitskräfte, die zum einen die nötigen Qualifikationen aufweisen und zum anderen mit der Schweizer Arbeitswelt bereits vertraut sind, weil Praxiseinsätze integraler Bestandteil der höheren Berufsbildung sind.
Neue Motion fordert pragmatische Ansätze
HotellerieSuisse begrüsst deshalb die neu eingereichte Motion von Gastronom und Nationalrat Mustafa Atici. Darin fordert Atici, dass Spezialistinnen und Spezialisten aus Drittstaaten, die in der Schweiz einen Abschluss der höheren Berufsbildung erworben haben, einfach und unbürokratisch hierzulande arbeiten dürfen. Dabei sollen sie von den gleichen Regelungen profitieren wie Hochschulabsolvent:innen. Im Gegensatz zu letzteren können Absolvent:innen einer Höheren Fachschule oder eidgenössischen Prüfung trotz optimaler Eignung nicht in der Schweiz bleiben. Mit der Motion soll verhindert werden, dass aufwändig ausgebildete junge Spezialistinnen und Spezialisten das Land verlassen, weil sie aufgrund von ausgeschöpften Kontingenten nach ihrem Abschluss nicht direkt angestellt werden können.