Gegen staatliche Mindestlöhne
Staatliche Mindestlöhne schwächen die Sozialpartnerschaft, die weit über die Festsetzung der Löhne hinaus relevant ist, weshalb sich HotellerieSuisse entschieden dagegen ausspricht.
Die Festlegung der Löhne ist in der Schweiz in vielen Branchen unbestritten Aufgabe der Sozialpartnerschaft, so auch in der Beherbergung. Wir verfügen über eine etablierte Sozialpartnerschaft, welche einen der grössten Gesamtarbeitsverträge für rund 250’000 Mitarbeitende pflegt. Zunehmende Forderungen nach staatlichen Mindestlöhnen beobachten wir besorgt und setzen uns dagegen ein.
Spezifischen Bedürfnissen der Branche gerecht werden
Bei staatlich festgelegten Mindestlöhnen würde einem System der Vorzug gegeben, das über alle Branchen angewendet wird, was die Sozialpartnerschaft empfindlich schwächen würde. Wir sind überzeugt, dass die Verhandlung von Löhnen Sache von Branchenspezialisten bleiben muss, damit eine praxisnahe Entwicklung sichergestellt ist, von der sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer gleichermassen profitieren.
Ein Blick zurück: Dominoeffekt nach Neuenburger Initiative
Zum ersten Mal ist die Forderung nach staatlichen Mindestlöhnen 2008 aufgetaucht, als im Kanton Neuenburg eine entsprechende Initiative erfolgreich lanciert und später auch angenommen wurde. Es folgten andere Kantone sowie Städte, die über kantonale respektive kommunale Mindestlöhne entschieden haben. Neben dem Kanton Neuenburg verfügen heute auch die Kantone Jura, Tessin, Basel-Stadt und Genf über einen Mindestlohn auf kantonaler Ebene.
Attraktivität einer Stelle misst sich nicht nur am Lohn
In der Debatte geht oft vergessen, dass sich die Attraktivität einer Stelle nicht nur am Lohn misst, sondern auch Arbeitsbedingungen und andere Lohnbestandteile einen entscheidenden Beitrag zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden leisten. Diese werden in Gesamtarbeitsverträgen geregelt. Wird die Sozialpartnerschaft geschwächt oder die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Vertrages aufgehoben, so kann sich dies generell negativ auf die Arbeitsbedingungen auswirken.
Staatliche Mindestlöhne torpedieren Anreize für Aus- und Weiterbildung
Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft arbeitet im Gastgewerbe ein überdurchschnittlich hoher Anteil ausländischer und junger Arbeitskräfte. Lohnstrukturen sind in unserem ave GAV deshalb bewusst so aufgebaut, dass der Berufseinstieg einfach ist, aber gleichzeitig eine klare Abgrenzung zu ausgebildeten Fachkräften besteht. Wird nun ein uniformer Mindestlohn angewendet, kann dies dazu führen, dass sich eine höhere Qualifizierung nicht mehr in den Löhnen niederschlägt und damit eine Weiterbildung abwertet. Wir sind jedoch überzeugt, dass Anreize bestehen müssen, um sich weiterzubilden. Aus dieser Überzeugung heraus ist beispielsweise eine Bildungsoffensive entstanden, die zwischen 2021 und 2023 die Weiterbildung im Gastgewerbe mit 34,5 Millionen Schweizer Franken förderte. Solche Aktionen wären kaum mehr realisierbar, wenn staatliche Mindestlöhne gegenüber sozialpartnerschaftlich verhandelten Löhnen Vorrang hätten.
Wie es weitergeht
Als Antwort auf die zahlreichen Rufe um kantonale Mindestlöhne, hat das Parlament bereits 2022 einen Vorstoss von Ständerat Erich Ettlin angenommen, der fordert, dass sozialpartnerschaftlich ausgehandelte Löhne Vorrang vor staatlichen Mindestlöhnen haben. Der Bundesrat hat dazu in der ersten Jahreshälfte einen Gesetzesvorschlag in die Vernehmlassung geschickt, welcher nicht zufriedenstellend ist, da der Vorrang der ave GAV-Mindestlohnbestimmungen darin nicht vollständig festgehalten ist. Wir haben uns im Rahmen der Vernehmlassung entsprechend geäussert und werden uns im weiteren parlamentarischen Prozess dafür einsetzen, dass der Wille des Motionärs effektiv umgesetzt wird.