Für ein offenes Tourismusland – Nein zum Burkaverbot

Peter Kämpfer, Direktor des Victoria-Jungfrau Grand-Hotel & Spa in Interlaken spricht sich klar gegen das Burkaverbot aus. Eine Annahme der Initiative sei für den bereits angeschlagenen Tourismus alles andere als förderlich. Weiter ist der Hotelier der Meinung, dass die Initiative wenig mit Gleichstellung zu tun hat. Es sei nicht an uns, unseren Gästen Vorschriften aufzuerlegen, die gegen ihre Sitten verstossen.

Der Schweizer Tourismus befindet sich in der schwersten Krise seit dem 2. Weltkrieg und Steine im Weg zur Wiederbelebung wichtiger Herkunftsmärkte bremsen die Erholung zusätzlich. Ziel ist es – wenn es die Lage wieder zulässt – die Märkte positiv zu bearbeiten und wieder zurückzugewinnen. Dazu gehören auch die Gäste aus den Golfstaaten, deren Logiernächte seit 2007 um 130 Prozent angestiegen sind. Die Schweiz gilt mit ihren landschaftlichen Reizen bei Gästen aus den Golfstaaten als interessantes Reiseziel. Auch der Ruf der Schweiz als sauberes, ordentliches, sicheres und allen Kulturen gegenüber gastfreundlich gesinntes Land unterstützt die stetig wachsende Nachfrage.

Tourismuskomitee «NEIN zum Burkaverbot»

Das Tourismuskomitee «NEIN zum Burkaverbot» steht für eine offene und tolerante Schweiz ein, die als Gastland anderen Kulturen aufgeschlossen begegnet. Als Gastgeberinnen und Gastgeber beurteilen die beteiligten Verbände ihre Gäste nicht nach Merkmalen wie Geschlecht, Religion oder Herkunft. Das Komitee, dem auch HotellerieSuisse angehört, lehnt die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» klar ab und befürwortet den sinnvollen Gegenvorschlag des Bundesrats

Wichtiges Gästesegment

Dieser Ansicht ist auch Peter Kämpfer, Direktor des Victoria-Jungfrau Grand-Hotel & Spa in Interlaken: «Gäste aus den Golfstaaten machen bei uns rund 10 Prozent aller Übernachtungen aus und stellen damit ein wichtiges Gästesegment dar.» Auch bei der Gruppengrösse sowie der Reisedauer unterscheidet sich dieses Gästesegment von anderen. Peter Kämpfer führt aus: «Gäste aus den Golfstaaten reisen oft in Familiengrösse und belegen somit gleich mehrere Zimmer. Ausserdem ist die Aufenthaltsdauer tendenziell länger als bei anderen Gästegruppen.»

Gäste aus dem arabischen Raum lassen auch mit ihren durchschnittlichen Tagesausgaben andere Touristen deutlich hinter sich zurück. Luxus, neuste Technik und exzellenter Service sind für sie eine Selbstverständlichkeit. Entsprechend reisen sie mit hohen Erwartungen an die Gastfreundschaft in die Schweiz. Ebenfalls besuchen Gäste aus den Golfstaaten die Schweiz vermehrt nicht nur im Sommer, was auch Peter Kämpfer in seinem Betrieb spürt: «Bis vor der Corona-Krise durften wir die Gäste aus dem arabischen Raum mehr und mehr das ganze Jahr über bei uns willkommen heissen», fügt der Hotelier an und betont damit nochmals die Wichtigkeit des Gästesegments.

Ferien- und Businesstourismus gleichermassen betroffen

Von den Folgen einer Annahme betroffen wäre nicht nur der Ferientourismus, sondern auch der MICE- und Business-Sektor. In der Schweiz finden viele internationale Meetings statt. Weiter haben viele internationale Organisationen ihren Sitz in der Schweiz. Ein Imageverlust könnte den Schweizer Standort als neutrales Land nachhaltig schwächen. Weiter werden durch die Gäste aus dem arabischen Raum Abhängigkeiten gegenüber den preissensiblen europäischen Gästen reduziert, was vor allem in Krisenzeiten grosse Wichtigkeit hat: «Eine Annahme der Initiative wäre für den bereits stark angeschlagenen Tourismus nicht förderlich. Es gibt genug andere Länder, die Gästen aus dieser Region keinerlei Einschränkungen auferlegen», sagt HotellerieSuisse-Mitglied Peter Kämpfer.

Die Sitten unserer Gäste respektieren

Der Aspekt der Gleichstellung ist ein brennendes Thema in der Diskussion: «Persönlich bin ich der Meinung, dass nicht die Gleichstellung, sondern vielmehr die Religion allgemein im Fokus der Initianten steht. Ich denke auch nicht, dass wir anderen Menschen Vorschriften aufdrängen sollten, die von den Sitten in ihrer Heimat abweichen», sagt der Hotelier aus Interlaken. Er kann sich schlecht vorstellen, seinen Gästen dieses Verbot plausibel zu erklären: «Wir preisen immer wieder die Schweizer Offenheit gegenüber Menschen anderer Herkunft und Gewohnheiten an. Somit wäre es für mich eine schwierige und sehr unangenehme Situation, diese beiden Aspekte unter einen Hut zu bringen.» Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrates nimmt im Gegensatz zur Initiative die möglichen Probleme zur Thematik der Verhüllung auf und schlägt gezielte Massnahmen vor, um die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben sicherzustellen sowie den Zwang zur Gesichtsverhüllung zu bekämpfen.

Unbegründete Angst

Peter Kämper sieht keinen Grund, wieso Frauen in Burkas/Niqabs bei einigen Leuten Ängste auslösen sollen: «Man weiss doch, dass diese Kleidungen in den Golfstaaten dazu gehören.» Weiter fügt er an: «Ausserdem haben wir uns mittlerweile an Masken gewöhnen müssen und als Luzerner oder Basler ist man sich das Maskentragen zumindest in der Fastnachtszeit bereits seit Langem gewohnt.» Abschliessend meint Peter Kämpfer, andere Religionen gälte es zu respektieren: «Andere Ländere, andere Sitten. Ich mache mir grosse Sorgen, dass eine Annahme des Verhüllungsverbotes den Tourismuszweig, der in der Schweiz eine enorm grosse Bedeutung hat, weiter schwächen könnte. Gerade in der momentan Zeit wäre das fatal».