Inklusion ist ein Gewinn für alle Beteiligten
Die Kartause Ittingen integriert Mitarbeitende mit Beeinträchtigungen erfolgreich im Betrieb und setzt so ein Zeichen für Vielfalt und Chancengleichheit am Arbeitsplatz.
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Diversität im Arbeitsalltag hat viele Facetten. Ein wenig thematisierter Aspekt ist die Inklusion von Arbeitskräften mit Beeinträchtigungen. Die Beherbergungsbranche bietet hier Chancen und Perspektiven. Im Rahmen unserer Reihe «#diversityinhospitality» stellen wir unseren Mitgliederbetrieb Kartause Ittingen vor, welcher seit langer Zeit erfolgreich Mitarbeitende mit Unterstützungsbedarf in den Arbeitsalltag integriert.
Valentin Bot ist seit nunmehr 9 Jahren mit der Leitung des Hotelbetriebs der Stiftung Kartause Ittingen betraut. Die Inklusion von Arbeitskräften mit Unterstützungsbedarf gehört jedoch schon weitaus länger zum Gesamtkonzept des Betriebs, wie er erzählt. Sie ist strategisch verankert und basiert auf dem klösterlichen Wert der Fürsorge, welcher den Betrieb neben Werten wie Gastfreundschaft, Selbstversorgung oder Kultur und Bildung entscheidend prägt. Die Stiftung der Kartause Ittingen besteht neben dem Hotelbetrieb aus einem Bauernhof sowie dem Betrieb für betreutes Arbeiten und Wohnen. So sind auf dem gesamten Gelände rund 60 Mitarbeitende mit vorwiegend geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen im Einsatz. Einige davon auch im Gastwirtschaftsbetrieb, Gästekontakt inklusive.
Flexibilität bei der Rekrutierung gefordert
Der Fakt, dass neben dem Hotel parallel die Abteilung «Soziales und Werkbetrieb» in die Stiftung integriert ist, fördert das gegenseitige Verständnis und den Austausch stark. Trotzdem werden keine Stellen explizit für Mitarbeitende mit Beeinträchtigungen geschaffen. Vakante Stellen werden grundsätzlich normal ausgeschrieben. Durch die Nähe der Abteilungen können potenzielle Kandidaten aus dem betreuten Arbeiten und Wohnen jedoch rasch identifiziert werden. Bei gegenseitigem Interesse ist wichtig, dass die Stärken und Schwächen des Mitarbeitenden sauber abgeklärt werden. Das Finden der Belastungsgrenze ist entscheidend, damit die Inklusion für alle Beteiligten zum Erfolg wird. Die Belastung kann reduziert werden, indem der Arbeitseinsatz bestmöglich auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeitenden abgestimmt wird. Dies erfordert einen flexiblen Umgang mit Stellenprofilen. Starre Beschriebe funktionieren nur selten, was auch Vorteile mit sich bringt. So erzählt Valentin Bot von einer Mitarbeiterin, die ihr Pensum auf Küche und Service aufteilt. Dies bringt zusätzliche Flexibilität für alle Beteiligten und bei der Personaleinsatzplanung.
Bei richtigem Umgang entstehen Win-Win-Win-Situationen
Aktuell sind Mitarbeitende mit Beeinträchtigung sowohl in Küche und Service als auch in der Lingerie im Einsatz. Ihr Unterstützungsbedarf beruht auf einem breiten Spektrum an psychischen oder geistigen Erkrankungen. Das Schönste am Engagement ist, dass alle Beteiligten nicht bloss Teil eines sozialen und sinnstiftenden Engagements sind, sondern dass dadurch auch persönliche Bereicherung entsteht, meint Valentin Bot. So profitieren die Menschen mit Unterstützungsbedarf von Wertschätzung und der aktiven Beteiligung am Arbeitsleben. Ganz besonders spürt er jedoch auch die Auswirkungen in seinem Team. Alle Mitarbeitenden sind stolz Teil dieses Projektes zu sein. Ihre Sensibilität und ihr Respekt gegenüber Mitmenschen werden nachhaltig gestärkt. Gleiches gilt für das Bewusstsein, dass es «jeden treffen» kann. Auch im Rekrutierungsprozess kann die Kartause Ittingen punkten, da die Bewerber oft eine Bereicherung darin erkennen, Teil eines sozialen Engagements zu sein.
Negative Gästerückmeldungen bezüglich der Mitarbeitenden mit Unterstützungsbedarf kennt Valentin Bot kaum. Im Gegenteil: Oft setzen sich die Gäste bewusst mit dem Konzept auseinander und sind stolz, dieses indirekt zu unterstützen. Exemplarisch dafür das Feedback eines Gastes aus den USA, welches lautete: «Fantastisch! Sowas wäre in den USA nie möglich». Dies zeigt, Inklusion kann, richtig kommuniziert, nicht nur für den Gast eine echte Bereicherung darstellen, sondern unterstützt die Positionierung der Schweiz als Land mit einer modernen und führenden Hospitality-Kultur.
Inklusion geht nicht von heute auf morgen
Inklusion geht nicht von heute auf morgen
Das Thema Inklusion ist in der Beherbergungsbranche noch kaum verankert, Beispiele sind nur schwer zu finden. Dies hat seine berechtigten Gründe, wie Valentin Bot zugibt. In unserer Branche herrscht generell ein höheres Stresslevel, ruhige Oasen sind schwer zu schaffen. Auch das Arbeiten auf Vorrat – wie etwa in einer Schreinerei – ist in der Branche kaum möglich. Beides ist jedoch wichtig, um die Belastung der Arbeitskräfte zu dosieren. Am geeignetsten scheinen daher Plätze im Bereich Lingerie oder Hauswirtschaft.
Das Thema «Inklusion» kann in einem Hotelbetrieb kaum einfach so nebenbei laufen. Interessierte Betriebe müssen entsprechende Überlegungen strategisch verankern und gezielt zur Positionierung nutzen. Betrieben, welche sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen wollen, empfiehlt Valentin Bot die Kontaktaufnahme mit dem Branchenverband INSOS sowie die Prüfung einer Kooperation mit betreuten Wohnheimen oder Werkstätten in der Region. So können auch staatliche oder kantonale Leistungsvereinbarungen und eine entsprechende finanzielle Entlastung in die Entscheidungen miteinbezogen werden.
#diversityinhospitality
HotellerieSuisse ist überzeugt, dass Diversität ein zentraler Erfolgsfaktor für die Branche darstellt. Wir setzen daher unter dem Hashtag #diverstiyinhospitality bewusst Akzente. Damit wollen wir nicht nur die bestehende Vielfalt in der Branche gegen aussen aufzeigen, sondern auch die Wichtigkeit der Thematik innerhalb der Branche nachhaltig verdeutlichen.